Frau Müller. 80 Jahre
Frau Müller. Ohne Mann. Ohne Kinder.
Frau Müller. Ohne familiären Anhang.
Frau Müller. Meine Patientin.
Das Telefon klingelt in der Arztpraxis.
Frau Müller ruft an.
Meine Liebe, ich möchte sie zum Kaffee einladen.
Ihnen Bilder zeigen und den Kuchen habe ich schon aufgetaut.
Oh nein. Ich will nicht.
Sie ist Patientin und mehr nicht. Saust es durch meinen Kopf.
Meine Liebe. Ich rede schon seit Jahren, dass sie mich einmal besuchen.
Heute passt das Wetter. Ich habe den Rasen gemäht. Wir könnten draußen im Garten sitzen. Sagt Frau Müller.
Oh Mann. Was mache ich jetzt. Sie hat Kuchen aufgetaut. Sie mäht extra den Rasen für mich.
Die alte Dame von 80 Jahren. Läuft es durch meinen Kopf.
Freundlich antworte ich:
Frau Müller ich versuche es möglich zu machen und rufe sie zurück.
Ich mache es möglich. Ich rufe zurück.
Mittwoch nachmittag um 15.30 Uhr. Besuch bei Frau Müller.
Frau Müller. Eine kleine Frau in Körpergröße.
Weiblich gekleidet. Leichter Parfümduft.
Haare blondiert.
Lidschatten, Rouge, Lippenstift zieren dezent ihr Gesicht.
Sie führt mich durch ihren Garten.
Mir ist, als wäre ich in einer wunderschönen Parkanlage.
Sie bittet zum Kaffee und Kuchen im Pavillon.
Mir ist, als wäre ich in königlicher Gesellschaft.
Sie zeigt mir Fotos aus ihrem Leben. Und Postkarten aus 1899.
Mir ist, als wäre ich in einer anderen Welt.
Sie erzählt mit angenehmer Stimme.
Mir ist, als lausche ich einer Märchenerzählerin.
2 Stunden später.
Ich sitze im Auto und fahre zurück.
Meine Gefühle und Gedanken fragen mich..
Wo war ich eben...
Ich war in einer Parkanlage, bei Kaffee und Kuchen,
in feiner Gesellschaft
einer längst vergangenen Welt
bei einer aus ihrem Leben-Erzählerin.
Frau Müller. Eine Patientin für mich. Mehr nicht.
Gut, dass ich sie einmal besucht habe.